Die Qual der Wahl: Welches System ist das richtige für mich? Gedanken eines Franchise-Interessenten

Im vergangenen Heft ging es bereits um die Frage, wie ich mich als Interessent mit der Franchise-Landschaft vertraut machen kann, um meine Systemauswahl auf eine solide Basis zu stellen. Die ersten Schritte und Gedanken konnten wir anhand meines Freundes nachvollziehen, der sich gerade beruflich neu orientiert und an einer Franchise-Partnerschaft interessiert ist. Heute soll es weiterführend um wichtige Fragen im Kennenlernprozess gehen, die er mir im Rahmen seiner Reise in „das unbekannte Land des Franchisings“ gestellt hat.

Worauf ist beim Kennenlernen eines Systems zu achten?

An erster Stelle sollte immer eine Prüfung der Seriosität des Franchise-Systems stehen. Leider ist in der Presse von einigen schwarzen Schafen aus der Branche zu lesen, weswegen die Seriosität ein bedeutendes KO-Kriterium bei der Franchise-Auswahl ist. Grundsätzlich spricht es für das System, wenn bereits etliche Franchise-Partner am Markt tätig sind. Wenn diese Partner darüber hinaus beweisen konnten, dass das Geschäftskonzept erfolgreich umsetzbar ist, kann man von einer grundlegenden Seriosität ausgehen. Außerdem ist die Mitgliedschaft im Deutschen Franchiseverband als Qualitätskriterium zu werten, denn alle Mitglieder des Verbandes werden einem regelmäßig wiederkehrenden Qualitätscheck unterzogen. Dabei werden beispielsweise auch die Franchise-Nehmer nach ihrer Zufriedenheit mit dem System befragt. Ist das System Vollmitglied, so sind die Franchise-Nehmer in diesem System zufrieden, was als guter Indikator gewertet werden kann.

Das Kennenlernen eines Franchise-Systems läuft häufig ähnlich wie ein klassischer Bewerbungsprozess ab. Es geht dabei nicht nur darum, dass der Interessent selbst das System besser kennenlernt. Vielmehr handelt es sich dabei um ein Kennenlernen auf beiden Seiten, denn schließlich möchte man eine langfristige Partnerschaft eingehen. Nach der ersten Kontaktaufnahme ist der Prozess meist so strukturiert, dass er mit einer Zusendung erster hilfreicher Informationen zum System startet und ein kurzes Telefongespräch zum Kennenlernen geführt wird. Dabei möchte die Zentrale die grundlegende Eignung und Ernsthaftigkeit der Anfrage des Kandidaten feststellen. Zumeist folgt bei beiderseitigem Interesse im nächsten Schritt ein zweites, intensiveres Telefonat, in dem die Bedingungen des Systemeinstiegs genauer dargestellt und auch der Kandidat näher beleuchtet wird. Häufig sind der berufliche Werdegang sowie die bisherigen Erfahrungen, die finanzielle Ausstattung und sogar der familiäre Hintergrund wichtige Bestandteile des Gesprächs. Daran wird deutlich, dass die Systeme nicht nur sachliche Aspekte interessieren, sondern die Persönlichkeit des Interessenten eine ebenso große Rolle spielt. Er oder sie wird schließlich Teil einer großen Gemeinschaft, zu der die Person auch passen muss. Häufiger sind Franchise-Systeme auch familiengeführt. Hier wird persönliche Passfähigkeit meist noch größer geschrieben als in nicht-inhabergeführten Organisationen.

Gefällt Dir, wie das System geführt wird und wie man miteinander umgeht?

In dem Zusammenhang kommt ein Tipp, den ich meinem franchiseinteressierten Freund an dieser Stelle unbedingt mitgeben möchte: Schau bei allen Gesprächen, ob die gelebte Unternehmenskultur auch zu Dir passt. Mit 5-10 Jahren Vertragsdauer wird man sich sehr lang an das System binden und das geht nur gut, wenn man sich in dem neuen Umfeld absolut wohl fühlt.

Um die Kultur zu erfahren und ein Gefühl für den Systemalltag zu bekommen, bieten gute Franchise-Systeme an, bestehende Franchise-Partner aus der Region kennenzulernen oder sogar über ein bis zwei Wochen zu hospitieren. Ist im Rahmen des Kennenlernens kein Kontakt zu anderen Franchise-Partnern vorgesehen, müssen die Gründe dafür unbedingt hinterfragt werden. Transparenz hat bei seriösen Systemen oberste Priorität, weswegen die Verweigerung von Kontakten eher als schlechtes Zeichen zu werten ist. Wird die Gelegenheit zum Gespräch gegeben, so sollte diese auch ohne das Beisein der Franchise-Zentrale möglich sein. Hierbei sollte man die Gelegenheit nutzen und den bestehenden Partner nach seinen Erfahrungen befragen und vielleicht auf aufkommende Bedenken ansprechen.

Auf welche Aspekte mein Freund beim Lesen des Franchise-Vertrages achten wird und warum er die Übernahme eines bestehenden Franchise-Betriebes in Betracht zieht, erfahren Sie im nächsten Heft.

Autorin: Dr. Gerlinde Brinkel

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