Franchise-Systeme auf den Wachstumspfad bringen

1. Erfolgsfaktor des Wachstums: Hochqualifizierte erste Franchise-Partner

Bei den Auswertungen zeigte sich, dass alle diejenigen Unternehmen, die bei der Auswahl ihrer ersten Franchise-Partner besonders große Sorgfalt walten ließen und lediglich hochqualifizierte Personen in das System aufnahmen, signifikant erfolgreicher waren als weniger bemühte Unternehmen.

Dieses Ergebnis war für mich besonders überraschend, da es im Kontrast zu aktuellen Studienergebnissen aus der Franchise-Wirtschaft steht. Diese besagen nämlich, dass für den Großteil der Franchise-Geber bei der Partner-Auswahl v.a. finanzielle Aspekte und die Persönlichkeit zählen. Ich würde diesen Gegensatz jedoch nicht als Widerspruch betrachten, denn mein Ergebnis bezieht sich lediglich auf die Startphase des Franchise-Systems. Ist das System durch die Zusammenarbeit der Zentrale mit den hochqualifizierten ersten Partnern erst weiter optimiert, standardisiert und professionalisiert, so können auch „weniger“ qualifizierte Partner in das System eintreten. Die Schwerpunktsetzung bei der Franchise-Nehmer-Auswahl kann und soll sich also im Laufe der Entwicklung durchaus ändern.

2. Erfolgsfaktor des Wachstums: Difuse Informationsflut

Meine Analysen ergaben einen zweiten starken Zusammenhang zum Systemerfolg. Er trat beim Faktor Difuse Informationsflut auf. Allerdings ist der Zusammenhang negativ ausgeprägt und kann damit als Risikofaktor interpretiert werden. Je mehr ein Franchise-Geber auf eine bestimmte Form der Kommunikation zu seinen Franchise-Partnern setzte, umso weniger erfolgreich war er. Die Kommunikation hatte folgende Merkmale:

  • sehr informell geprägt (z.B. via Telefon)
  • einseitig auf den Franchise-Nehmer ausgerichtet
  • enthielt permanent neue System-Informationen

An diesem Faktor zeigt sich, dass Kommunikationsprobleme durchaus in der Lage sind, das Wachstum eines Systems zu hemmen. Problematisch an den aufgezeigten Merkmalen ist:

  • dass informelle Quellen immer subjektiv gefärbt sind, möglicherweise „zwischen Tür und Angel“ erfolgen und daher leicht zu Missverständnissen führen können;
  • dass Einseitigkeit keine Möglichkeiten für Rückfragen bietet und so Informationen gar nicht oder falsch verarbeitet werden können und
  • dass eine „Überfrachtung“ mit einem ständig wachsenden Meer an Newslettern, Partnerblogs usw. es erschwert, die wesentlichen Informationen aus der Kommunikation zu filtern.

Die Organisation des Austauschs zwischen Zentrale und Franchise-Partnern besitzt somit eine erhebliche Erfolgsrelevanz und sollte entgegen der oben stehenden Merkmale organisiert werden.

3. Erfolgsfaktor des Wachstums: Vereinheitlichung und Disziplinierung der Franchise-Partner

Einheitlichkeit, Disziplin und Standardisierung will man meinen, sind typische Merkmale erfolgreicher Franchise-Systeme. Meine Studie wirft auf diese Sichtweise ein differenziertes Licht. Tatsächlich zeigt sich nämlich, dass autoritär geprägte Franchise-Systeme, in denen

  • die Vertragsgebiete nach dem Umsatzpotential der Region dimensioniert werden, um einheitliche Erfolgschancen unter den Partnern zu schaffen und
  • Sanktionierungssysteme beim Nichterreichen von Umsatzzielen existieren,

weniger erfolgreich sind. Diese Maßnahmen wirken sich sogar negativ auf den Erfolg aus, womit wir es mit einem Risikofaktor für das Wachstum zu tun haben. Autoritäres Verhalten seitens des Franchise-Gebers kann deshalb so negativ wirken, da es die Leistungsmotivation der Franchise-Partner beeinträchtigen kann. Franchise-Nehmer entscheiden sich im Allgemeinen für die Selbständigkeit, um frei handeln zu können. Des Weiteren sind Bestrafungen, die hier als Sanktionen daherkommen, aus pädagogischer Sicht sehr heikle Führungsinstrumente. Falsch eingesetzt, erhält der Franchise-Partner zwar einen Denkzettel für sein Verhalten, aber seine Motivation sinkt ins Bodenlose. Die anschließende Abwärtsspirale ist für beide Parteien – den Geber und den Nehmer – sehr unerfreulich.

Insgesamt sollten Franchise-Geber demnach bei jeglichen Entscheidungen zur Durchsetzung der eigenen Systemziele, stets auch die Sicht der Franchise-Partner mit einbeziehen.

4. Erfolgsfaktor des Wachstums: Einfach multiplizierbare Services

Der letzte nachweisbare Erfolgsfaktor ist ein einfach multiplizierbares Service-Angebot. Damit sind integrierte IT-Lösungen, Schulungen, Erfa-Tagungen, Partnerbefragungen und Standortanalysesysteme gemeint. Üblicherweise sind bspw. IT-Systeme und Schulungskonzepte lediglich mit größeren Einmalkosten verbunden. Später sinken die Kosten dieser Leistungen erheblich. Das bedeutet, mit jedem weiteren Partner sinken die Kosten des Angebots. Schafft man es, viele der Serviceleistungen für die Partner so zu gestalten, umso erfolgreicher (weil effizienter) kann das System werden.

Empfehlenswert ist es also, das eigene Serviceangebot unter diesem Gesichtspunkt einmal unter die Lupe zu nehmen. Services, die sehr individuell sind und deswegen einen ständigen Anpassungsbedarf haben, sind für Franchise-Systeme eher kontraproduktiv.

Fazit

Insgesamt wird ersichtlich, dass das Systemwachstum durch zwei Maßnahmen stark befördert werden kann: 1. durch die Auswahl hochqualifizierter, erste System-Partner und 2. durch die Etablierung leicht skalierbarer System-Services.

Auf der anderen Seite konnten wir zwei wesentliche Risikofaktoren identifizieren: 1. eine verwirrende Kommunikation, die zu Unklarheiten führt und 2. ein zu starker Eingriff des Franchise-Gebers in die Geschäftstätigkeit der Franchise-Partner.

Autorin: Dr. Gerlinde Brinkel

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